Abspann
DattiSports - DattiSports
THE
IRON ASS
NON-STOP-LANGSTRECKEN-HAXELN-FÜR-DILETTANTEN
29./30. August 2002
GRAZ - MONACO WITHIN 36 HOURS
GRAZ - GENOVA WITHIN 35 HOURS
Bisweilen müssen die Dinge Entfernung durch einige Vergangenheit gewinnen, bevor von ihnen gerechter Bericht sein kann. Denn oftmals verstellt den klaren Blick auf Tatsachen die Nähe ihres Ereignisses. Der Zeitverlauf hingegen mit seiner Überwindung von zugetanem Eifer sowohl wie abholder Abneigung scheidet aus, was die Begeisterung den Dingen an Beschönigung beimengte, und rückt ins rechte Licht, was der Zweifel grundlos an ihnen entstellte. So sei hier mit den abgeklärten Worten des Alters verzählt:
Drecksnigger, Scheiße du! Jetzt aber haben selbst wir von DattiSports – dieser Lounge für sonst nur schwerlich zu stopfende Großmäuler – endgültig die Schnauze voll. Das IRON ASS, dies einst großartig entworfene Vorhaben, zuletzt von Kleingläubigen verraunzt, verirrte sich in seiner endgültigen Ausgabe, das ist unumwunden zuzugeben, auf mannigfache Weise in ein deutliches Scheitern. Monaco jedenfalls fiel bei Weitem nicht. Vielfältig waren die Ursachen. Ihrer Vermeidbarkeit forschend nachzugehen erübrigt sich - mangels jemals heranstehender Wiederholung des Vorgangs.
Wurst wegen den! Ist doch umso mehr ein Sieg in andrer Hinsicht zu verzeichnen, namentlich auf die gesunde Vernunft, die sich, von manchen Unberufenen längst für abhanden vermutet, unverhofft Bahn brach in die Hirne des verbliebenen Viergespanns von Schwachkö..äh..Helden, das sich aus Franz Duller, Reinhard Igler, Gerald Mori und dem Dattinger bildete.
Nicht leichter Kampf beschied dem Verstand diesen Sieg: Gar schwere Geschütze vielmehr musste er auffahren, um unsere Helden der Sinnlosigkeit zur Besinnung auf vernünftige Beschränkung und nützliche Bescheidung zu bringen. Regenstürme sandte die Gottheit, ebenso widrige Winde, dann aber auch Verirrungen, wie sie Odysseus nicht schlimmer hätten treffen können, Speichenbruch und zuletzt noch brütende Hitze.
Gralla, die Hochburg heimischer Bombenbastlerkunst, war noch nicht erreicht, da sammelte Donner der Herr das schwüle Gedünst zu blitzendem Wetter. Den Himmel fegte er indes erst 200 Kilometer später in Arnoldstein wieder hell. Dazwischen nichts als Regen, dass einem der Arsch wasserig werden konnte. Was dieser denn auch tat.
Kein geflügeltes Wort befremdet den Radfahrer mehr als jenes von den angeblichen „Mühen der Ebene“, ist ihm doch diese Landschaftsgestalt alles in allem die genehmste. Nicht zuletzt der Ebenheit des Weges in Italien verdankte sich auch die zunächst immer selbe Himmelsrichtung des IRON ASS. Mit der Flachheit Italiens kam diesmal aber auch der Wind, der beste Freund des Radlers, wenn er aus unterstützender Richtung bläst, sein größter Feind indes, wenn entgegengesetzt. Hier einmal gefiel sich die leichte Brise darin, unsere schwitzende Stirn anderthalb Tage lang kühlend zu bestreichen. Was soll man da noch sagen?
Als die Glut des zweiten Tages am Rad schon über die neunte Stunde vorgerückt war und unsere Helden auf flachem Lande noch gut 300 Kilometer vom gesteckten Ziel entfernt sich fanden, ward in planlos zusammengetretener Tagung ein Beschluss gefasst, dessen Folgerechtheit angesichts der Blödigkeit, die doch unter den Strampelhelden zunehmend herrschte, sich rückblickend einigermaßen erstaunlich ausnimmt:
Monaco war rechnerisch erst nach Mitternacht zu erreichen. Solche Fahrt in eine zweite Nacht wurde als zu gefährlich verworfen, hatte mancher doch schon in der ersten gegen den Sekundenschlaf zu kämpfen gehabt. Am Ort der Tagung selbst, einem geschichtslosen Kaff schon jetzt vergessenen Namens, indes abzubrechen, erschien schon deshalb unangebracht, weil man durchaus nicht sicher sein konnte, dereinst ihn selbst auf der Landkarte wieder zu finden. Wie sollte die Bedeutung eines solchen erbärmlichen Endpunktes der Reise daher erst Dritten vermittelt werden können? Der nächste Ort, der immerhin einige erdkundliche Bedeutung beanspruchen zu können schien, war Genua, das, allerdings abseits der geplanten Weges, noch etwas mehr als 100 Kilometer voran lag. Die Wahl verlief - rechtlich richtig gewürdigt - einstimmig gegen die Weiterfahrt nach Monaco und für die Abzweigung nach Genua. Die einzig dagegen erklärte Stimme Franz Dullers musste wegen augenscheinlicher Zurechnungsunfähigkeit des wackeren Stimmführers zu seinem eigenen Schutz ins Gegenteil umgedeutet werden.
So wurden endlich aus geplanten 970 Kilometern in 36 Stunden, nur ihrer 822 in 35 Stunden. Das muss für unsere, letzten Endes doch bloß vergnüglichen Zwecke endgültig hinreichen. Wir wollen doch nicht, dass sich Größe der Idee in rettungslose Fixheit verzerre, dass freundliche Anerkennung in nichts als kopfschüttelnde Verwunderung umkippe.
IRON ASS. Was bleibt von dir? In jedem Fall das Straßenradfahren selbst, dieser wunderbare Rausch ganz selbsterzeugter Geschwindigkeit, dem wir von DattiSports so viel verdanken, vor allem aber unsere Freundschaft zu einander, hat das Haxeln uns doch zusammengeführt zu weit innigeren Banden als sportlichen.
IRON ASS. Du warst vollendeter Ausdruck eines Plans, der den schnulzigen Decknamen DattiSports trägt. Was ist das für ein seltsamer Plan? Es ist ein Plan vom Glück. Zugegeben: Die Schwächen des bloßen Aushilfsvorhabens, das nur zur Ausführung gelangt, weil ein gemeiniglich für vorrangig empfundener Glücksanspruch als gescheitert betrachtet werden muss, kann dieser Plan nicht verleugnen. Ungerecht wäre es aber, die Sache für diese ihre Wesensschwäche zu verachten. Gewiss, es gibt bürgerlich anerkannteres Glück, aber wertlos ist diese künstlich geschaffene Abenteuerlichkeit ganz und gar nicht. Hier kann sich bewähren, wer anderswo zu scheitern glaubt. Und daher, IRON ASS, werde ich Dich nie verraten.
Wien, am 17. Februar 2003
Das von Grund auf Epigonale der Erzeugnisse dieses Verlages liegt auf der Hand. Gleichwohl erscheint es, um dem Vorwurf des regelrechten Plagiats zu entgehen, nicht überflüssig, den Leser über Quelle und Herkunft der tatsächlich fremdgezeugten Textpassus zu verständigen:
- „Drecksnigger, Scheiße du!“ (© Oliver Kahn, Torhüter)
- „Wurst wegen den!“ Idiom aus unbekannter, wahrscheinlich weststeirischer Quelle, überkommen auf uns durch Alex "Junior" Szyszkowitz
- "Hast ihn nie verraten, deinen Plan vom Glück." (© Herbert Grönemeyer in dem Lied „Der Weg“ aus dem Album „Mensch“ 2002)
Beitrag nochmals vollständig durchgesehen im Dezember 2007. Lesen Sie das geschichtlich authentische Dokument hier!